NEW YORK (Dow Jones)--Im Zuge der offiziellen Ermittlungen zum Kollaps der US-Investmentbank Bear Stearns Companies Inc im März wird die Bank Dokumente übergeben, die ungewöhnliche Handelsaktivitäten im Vorfeld belegen. Marktteilnehmer wie Goldman Sachs, Citadel Investment und Paulson&Co hätten in den Wochen vor dem Zusammenbruch von Bear Stearns ihr Engagement bei der New Yorker Bank stark reduziert, berichtet das "Wall Street Journal" (WSJ) am Mittwoch.

Die US-Börsenaufsicht SEC habe zur Untersuchung der Angelegenheit Handelsdaten von Bear Stearns angefordert, werden mit der Materie vertraute Personen von der Zeitung zitiert. Die Securities and Exchange Commission erhofft sich daraus Erkenntnisse, ob illegale Absprachen zum Zusammenbruch der New Yorker Bank beigetragen haben.
Im Rahmen informeller Ermittlungen habe die SEC außerdem ausführliche Daten von Hedge-Fonds angefordert, um möglichen Insidergeschäften oder Marktmanipulationen nachzugehen, berichten die Informanten weiter. Dabei würden auch Short-Positionen und Derivate unter die Lupe genommen, die auf einen Preisverfall von Wertpapieren setzen.
Vor allem interessiert die SEC, wer in den ersten beiden Märzwochen aus Geschäften ausgestiegen ist, bei denen Bear Stearns Vertragspartner war. Die Bank war am Nachmittag des 13. März effektiv zahlungsunfähig und hatte ein Insolvenzverfahren erwogen, ehe am Morgen des 14. März die Notenbank Federal Reserve und das Institut J.P. Morgan Chase&Co einschritten und in einer gemeinsamen Rettungsaktion eine Pleite von Bear Stearns abwenden konnten.
Ein Verfahren wird für die SEC allerdings schwer zu führen sein. Die betrachteten Geschäfte sind äußerst komplex und im Markt waren im fraglichen Zeitraum Gerüchte über die finanzielle Situation von Bear Stearns bereits verbreitet.
Die der Zeitung vorliegenden Dokumente belegen, dass in den drei Wochen vor dem 13. März Goldman Sachs, Citadel und Paulson rund 400 Geschäfte mit Bear Stearns stoppten. Die SEC hat Bear Stearns aufgefordert, auf Auffälligkeiten in den Geschäften hinzuweisen. Dieser Forderung wird die Bank in Kürze nachkommen, berichten die Insider.
Die Zahlen allein legten noch kein unrechtmäßiges Handeln nahe, schreibt die Zeitung weiter. Es gäbe viele Gründe für eine Begrenzung von Engagements bei einem Institut. Außerdem seien bei anderen Produkten Positionen ausgebaut worden.
Die vorliegenden Daten betreffen Geschäfte mit credit-default swaps. Bei diesen Derivatgeschäften wird mit Risiken von Forderungsausfällen spekuliert. Der Verkäufer verspricht dem Käufer die Zahlung einer hohen Geldsumme beim Ausfall einer Anleihe oder eines Kredits. Der Käufer zahlt dafür vierteljährlich einen bestimmten Betrag. Keine der beiden Parteien muss an dem Schuldgeschäft, welches das Derivat beeinflusst, irgendeinen Anteil haben.
Marktteilnehmer schienen das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit ihres Vertragspartners Bear Stearns im Vorfeld der Beinahe-Pleite verloren zu haben. Beschleichen einen Vertragspartner Zweifel an der Bonität des Gegenübers, kann er das Geschäft an eine dritte Partei weiterreichen. Von dieser Möglichkeit haben viele Händler Gebrauch gemacht: Nach Aussage eines New Yorker Analysten wurden in den zwei Wochen vor dem Kollaps das Zehn- bis Zwanzigfache der sonst getätigten Zahl solcher Verschiebegeschäfte abgeschlossen, die Bear Stearns als Vertragspartner hatten.
Am 11. März kam es zu einem starken Anstieg dieser Forderungsübertragungen, nachdem sich die Gerüchte über eine drohende Zahlungsunfähigkeit verdichtet hatten. Ein New Yorker Hedge-Fonds-Manager berichtete sogar von zeitweiligen Schwierigkeiten, die Risiken von Bear-Stearns-Geschäften zu übertragen, da sich kein Interessent mehr dafür fand.
Bereits Monate zuvor waren ungewöhnliche Bewegungen im Markt sichtbar. Im Januar stieg die Versicherungsprämie für Schulden von Bear Stearns auf 2,3%. Für 10 Mio USD versicherter Schulden mussten jährlich 230.000 USD gezahlt werden, mehr als das Doppelte als für Schulden von Morgan Stanley und das Vierfache der Prämie für Schulden der Deutschen Bank. Im Monat davor lag die Prämie noch bei 1,6%. Offensichtlich glaubten schon damals einige Marktteilnehmer an ein höheres Risiko bei Bear Stearns.
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