23 mögliche Zusammenschlüsse
Getrieben durch die Erschütterungen der Finanzkrise drängen die heimischen Großbanken auf Zusammenschlüsse in den eigenen Reihen. Selten gab es so viele Übernahmeoptionen in der Branche - doch für die Beteiligten drängt die Zeit.FRANKFURT. "Die Chancen für eine Konsolidierung unter den deutschen Geschäftsbanken stehen derzeit so gut wie seit Jahren nicht", sagt Professor Udo Steffens, Präsident der Frankfurt School of Finance & Management. Diese Einschätzung teilt man beim Versicherer Allianz, dem mit seiner womöglich zum Verkauf stehenden Tochter Dresdner Bank eine Schlüsselrolle zukommen dürfte. "Ich sehe schon, dass wir im Moment ein Zeitfenster haben und die Zeichen günstig sind", sagte erst am Freitag Allianz-Finanzchef Helmut Perlet. "Es spricht jeder mit jedem."
Treiber ist die Finanzkrise, die dazu geführt hat, dass Banken rund um den Globus Milliardenbeträge wertberichtigen mussten. So sind es etwa bei der Dresdner bislang rund 2,4 Mrd. Euro - davon alleine 850 Mill. im Auftaktquartal 2008. "Die Zahlen des ersten Quartals dürften den Druck auf das Management, in Sachen Dresdner Bank zu handeln, weiter erhöhen", urteilt Analyst Thilo Gorlt von der BHF-Bank. Experte Steffens ergänzt: "Man würde sicherlich die Mehrheit an der Dresdner Bank abgeben, wenn der Vertrieb von Versicherungsprodukten weiter sichergestellt wäre." Bis Ende August wollen die Frankfurter ihr Privat- und Firmenkundengeschäft in einer eigenen Einheit gebündelt haben. Diese ließe sich dann etwa mit der Postbank verschmelzen, deren Verkauf vom Eigentümer Post derzeit ebenfalls erwogen wird. Auch die Bündelung mit der Deutschen Bank wäre möglich - ein Modell, das schon einmal vor Jahren angedacht war.
Doch auch die Postbank selbst mit ihren gut 14,5 Millionen Kunden ist als größtes Filialinstitut des Landes ein begehrtes Kaufobjekt - Deutsche Bank und Commerzbank haben Interesse angemeldet. Die Bonner selbst favorisieren Unternehmenskreisen zufolge die Dresdner, weil sie hier der stärkere Partner wären. Nach Ansicht von Dirk Schiereck, Professor an der European Business School, würde die Bank zudem umfangreichen Zugang zu gehobenem Privatkundengeschäft und zu Firmenkunden erhalten: "Für die Postbank wäre die Kombination sicherlich attraktiv."
Zudem mehren sich die Signale, dass sich die krisengeschüttelte US-Bank Citigroup von ihrem Privatkundengeschäft in Deutschland trennt. Hier dürften zumindest Deutsche Bank und Postbank den Hut in den Ring werfen. Und schließlich scheint auch das Bekenntnis der italienischen Unicredit zum Privatkundengeschäft der HVB erste Risse zu zeigen. Zu guter Letzt drängt Berlin darauf, die im internationalen Vergleich kleinen und meist renditeschwachen deutschen Geschäftsbanken durch Zusammenschlüsse zu stärken. Derzeit gilt nur Branchenprimus Deutsche Bank unter den deutschen Geldhäusern als wettbewerbsfähig. Über ihre Beteiligung an der Post hat die Bundesregierung bei der Konsolidierung ein Wort mitzureden.
Mögliche Bieter auf dem deutschen Markt sind auch ausländische Häuser wie Fortis oder Santander. Er habe bislang insgesamt 23 Kombinationsvarianten gehört, unkte kürzlich Commerzbank-Finanzchef Eric Strutz. Welche kommt, scheint offen. Selbst die Dreierkombination Dresdner, Postbank und Commerzbank wird erwogen. Sie gilt aber wegen der Komplexität unter Top-Bankern der Häuser als äußerst unwahrscheinlich. In Berlin scheiden sich Branchenkreisen zufolge schon die Geister, ob die Postbank nun an die Commerzbank oder lieber an die Dresdner gehen sollte.
Doch das Zeitfenster bleibt nicht ewig offen. Denn zu lange Unsicherheit dürfte das Geschäft belasten. Postbank-Finanzchef Marc Hess hat erst vergangene Woche an die Konzernmutter appelliert, eine Entscheidung "eher schneller als langsamer" zu treffen. Schiereck warnt: "Sobald sich die Banken so weit gefangen haben, dass sie den Eindruck haben, sie sind aus dem Gröbsten heraus, dürfte das Fenster wieder zu sein." Tatsächlich wollen selbst fusionswillige Top-Manager ihre Hand nicht dafür ins Feuer legen, dass die Konsolidierung über die Bühne geht. "Ich will nicht ausschließen, dass das am Ende wieder nichts wird", dämpft der Vorstandschef einer involvierten Bank die Erwartungen.
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