Dienstag, 27. Mai 2008

Deutsche Bank zieht Bilanz

Ackermanns Optionen

Von Gerald Braunberger

Josef Ackermann: gemischte Bilanz

27. Mai 2008 Am Donnerstag schließt die Deutsche Bank den Hauptversammlungsreigen der bedeutenden deutschen Finanzunternehmen ab. Die Bilanz des Vorstandsvorsitzenden Josef Ackermann wird eine gemischte sein. Die Deutsche Bank hat die Finanzkrise der vergangenen Monate besser überstanden als viele Konkurrenten. Auch wenn ihr Wertberichtigungen in Milliardenhöhe nicht erspart blieben, musste sie nicht wie die UBS oder die Citigroup schwerste Einbrüche verzeichnen oder neues Eigenkapital aufnehmen.

Gleichwohl leidet die Bank unter einem Bewertungsproblem. Gemessen an ihrer Ertragskraft und ihrer Stellung als eine der führenden Investmentbanken der Welt, ist ihre Aktie im Branchenvergleich eigentlich zu billig. Ackermann hat dies mit der, gemessen etwa an den Vereinigten Staaten oder Großbritannien, geringeren Wertschätzung des Aktienmarkts in Deutschland erklärt. Auch wenn diese Begründung nicht abwegig ist, so muss sie nicht vollständig sein. Vielmehr stellt sich die Frage, ob nicht auch das Geschäftsmodell einer Optimierung bedarf.

Ohne Investmentbanking wäre die Deutsche Bank nicht die Deutsche Bank

Die Deutsche Bank versteht sich heute als eine integrierte Geschäftsbank, in der das Investment- und das Privatkundengeschäft Hand in Hand gehen. Das Privatkundengeschäft dient dabei als Absatzkanal für die im Investmentbanking erzeugten Produkte. Dieses Geschäftsmodell, dessen sich auch andere erfolgreiche Banken bedienen, ist in sich schlüssig.

Deshalb wird die Bank Forderungen von Aktionären, sich vom Investmentbanking in Amerika zu trennen, ablehnen. Ohne das Investmentbanking wäre die Deutsche Bank nicht länger die Deutsche Bank, sondern eine Art große Commerzbank. Auch wenn die Commerzbank ein respektables Haus ist, läge hierin doch keine Perspektive für die Deutsche Bank.

Nicht auf Akquisitionen angewiesen

Trotz aller Exzesse der vergangenen Jahre ist das Investmentbanking weder ein Monster noch sonstiges Teufelswerk. Rund um den Globus entwickeln sich die Kapitalmärkte; nicht weil dort nur Spekulanten am Werk wären, sondern weil sich immer mehr Industrie- und Dienstleistungskonzerne über die Kapitalmärkte finanzieren wollen und weil immer mehr Anleger Kapitalmarktprodukte der Spareinlage vorziehen. Langfristig betrachtet ist das Investmentbanking eine Wachstumsbranche. Eine Bank, die in diesem Geschäft zu den fünf größten Adressen der Welt zählt, wäre töricht, ihre Zukunft zu verkaufen.

Die vergangenen Monate haben jedoch gezeigt, dass die immer wiederkehrenden, vorübergehenden Turbulenzen an den Kapitalmärkten starke Schwankungen der Erträge im Investmentbanking mit sich bringen. Daher will die Deutsche Bank ertragsstabilere Sparten, zu denen das Privatkundengeschäft zählt, ausbauen. Gerade im Kontext der wieder diskutierten Konsolidierung im deutschen Bankwesen wird daher diskutiert, ob die Deutsche Bank als Käufer auftreten soll und wen sie eventuell kaufen wird.

Ackermann betont seit längerem, die Deutsche Bank sei nicht auf Akquisitionen angewiesen und könne aus eigener Kraft wachsen. Selbst wenn dies im Prinzip richtig sein sollte, wird er sich die Frage stellen müssen, ob er in der vielleicht historisch einmaligen Gelegenheit einer Konsolidierung in Deutschland nur die Rolle eines Beobachters einnehmen kann.

Schielen nach der Dresdner Bank

Schaut man sich das Geschäftsmodell der Deutschen Bank an, das darauf zielt, hochwertige Kapitalmarktprodukte aus dem Investmentbanking einer entsprechend zahlungsfähigen Privatkundschaft zu verkaufen, eignete sich nur die um ihr eigenes Investmentbanking bereinigte Dresdner Bank als Akquisitionsobjekt. Die Dresdner Bank besitzt diese Privatkundschaft. Charme besäße eine solche Kombination auch aus der Sicht der Allianz, die ihre Bank gegen einen Scheck in vermutlich zweistelliger Milliardenhöhe endlich los wäre.

In jedem Falle wäre diese Lösung für die Allianz angenehmer, als die Rolle des Hauptaktionärs eines disparaten Trios aus Dresdner Bank, Commerzbank und Postbank zu übernehmen, über das gegenwärtig spekuliert wird. Freilich: Ohne Ärger wäre eine Übernahme der Dresdner durch die Deutsche nicht zu haben. Sie ginge mit einem bedeutenden Stellenabbau einher, der ein Jahr vor der Bundestagswahl wohl nicht ohne verärgerte Äußerungen aus Berlin verliefe.

Ackermanns Herz schlägt nicht für die Postbank

Weder die Postbank noch das deutsche Privatkundengeschäft der Citigroup, die einer überwiegend weniger betuchten Kundschaft standardisierte Finanzprodukte verkaufen, böten der Deutschen Bank den Zugang zu jener finanziell potenten Klientel, die sie eigentlich sucht. Von interessierter Seite aus gestreute Gerüchte, Berlin wünsche keinen Verkauf der Postbank an die Deutsche, hätten vor der Macht des Geldes dennoch wenig Bestand. Würde die Deutsche Bank einen konkurrenzlos hohen Betrag bieten, wäre sie sicherlich im Rennen.

Auch wenn Ackermanns Herz nicht für die Postbank schlägt, ist ein Gebot nicht ausgeschlossen; vor allem dann, wenn er die Dresdner Bank nicht zu akzeptablen Konditionen erhalten sollte. Die Rolle eines reinen Beobachters kann er sich kaum leisten: Denn die Deutsche Bank ist nun einmal auch eine deutsche Bank.

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