Freitag, 6. Juni 2008

Bank of England erstarrt vor Inflationsangst

von Heinz-Roger Dohms (Hamburg)

Der britische Häusermarkt geht in die Knie, doch die Bank of England lässt nicht beirren: Die Notenbank hält den Leitzins bei 5,0 Prozent - und das, obwohl der Immobilienfinanzierer Halifax am Morgen den größten Preisverfall seit 15 Jahren meldete.

Die Immobilienpreise hätten im Mai um 3,8 Prozent unter dem Niveau vom Vorjahr gelegen, meldete die größte britische Hypothekenbank am Donnerstag - das höchste Zwölf-Monate-Minus seit 1993. Im Vergleich zum Vormonat sanken die Preise laut Halifax um 2,4 Prozent und damit deutlich stärker, als Experten vorhergesagt hatten. Vergangene Woche hatte der Hypothekenfinanzierer Nationwide bereits ähnlich düstere Zahlen veröffentlicht.

Trotzdem gewichtet die Bank of England (BoE) die Inflationsgefahr derzeit offenbar höher als die Angst vor einer weiteren Eintrübung der Konjunktur. Im Dezember, im Februar und im April hatten die britischen Zentralbanker den Zinssatz gleich dreimal um 25 Basispunkte auf nunmehr 5,0 Prozent gesenkt. Ursprünglich hatten viele Ökonomen mit einer weiteren Zinssenkung im Juni gerechnet. Nachdem die Teuerungsrate zuletzt allerdings auf 3,0 Prozent geklettert war, kam die BoE-Entscheidung nicht mehr überraschend.

"Die BoE dürfte den Zinssatz solange beibehalten, bis klar wird, was die größere Gefahr für das Inflationsziel von zwei Prozent bedeutet: das Risiko, dass steigende Lebensmittel- und Energiekosten eine Preis-Lohn-Spirale auslösen - oder das Risiko, dass ein sinkendes Wachstum die Inflation deutlich unter die Zielmarke drückt, sobald der Preisdruck durch Lebensmittel und Energie nachlässt", sagte KPMG-Chefökonom Andrew Smith. Die Notenbank selbst dürfte sich am Mittwoch nicht mehr zu ihrer Entscheidung äußern und stattdessen wie üblich auf die Veröffentlichung der Sitzungsprotokolle in zwei Wochen verweisen.

Erst am Mittwoch hatte die Industriestaaten-Organisation OECD die Bank of England aufgefordert, die Zinsen rasch um bis zu 75 Basispunkte zu senken. Das Land sei stärker von der Finanzkrise betroffen als die meisten anderen OECD-Staaten.

Die Schwäche des Immobilienmarkts hatte zuletzt die britische Bankenbranche in Alarmstimmung versetzt. Die Aktien des Baufinanzierers Bradford & Bingley fielen am Montag nach einer Gewinnwarnung binnen weniger Stunden um bis zu 33 Prozent. Zuvor war bekannt geworden, dass das Institut bei einer Kapitalerhöhung statt der erwarteten 82 Cent lediglich einen Preis von 55 Cent je Anteilsschein hatte durchsetzen können. Auch die Aktien anderer britischer Banken fielen daraufhin deutlich.

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